Nachspionieren und Krankschreibung: LAG Köln sieht kein Nachstellen

Urteil des Landesgerichts Köln (zum Nachlesen bei beck-online: LAG Köln Urtl v. 21.3.2024 – 7 Sa 509/23 = BeckRS 2024, 254014)

Sachverhalt:

Der Kläger hatte seinem stellvertretenden Filialleiter, beide angestellt bei einem Mietwagenunternehmen, „nachspioniert“. Trotz des eindeutigen Verbotes hatte der stellvertretende Filialleiter mehrmals ein Firmenfahrzeug privat genutzt und es mit nach Hause genommen. Nachdem der Kläger dies anmerkte, folgte eine Versetzung in eine andere Filiale und der Vorgesetzte des Klägers forderte das Einreichen des Überstundenabbaus. Nach einem unentschuldigten Fehltag verschlechterte sich plötzlich der Gesundheitszustand des Klägers und er ließ sich für mehrere Wochen krankschreiben. Allerdings geht er während seiner eigentlichen Arbeitszeit seinem vorherigen Vorwurf nach und fotografiert einen weiteren Verstoß seines ehemaligen stellvertretenden Filialleiters, der abermals ein Mietfahrzeug mit nach Hause nahm, um es für private Zwecke zu nutzen. Daraufhin reagiert die Beklagte mit einer außerordentlichen Kündigung, hilfsweise mit einer ordentlichen. Als Begründung führt sie erstens eine Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit und zweitens ein Nachstellen durch den Kläger an. Der Kläger reagiert seinerseits mit einer Klage.

Entscheidung:

Das LAG Köln gibt der Klage statt. Die Begründung ist wie folgt: Nachstellen fordert ein aktives Eindringen in die privaten Räume der Kollegen, wofür das Fotografieren des Mietfahrzeuges im privaten Bereich nicht ausreichen soll. Hinzu kommt das plötzliche Auftreten der Krankheit des Klägers. Dieses Indiz reicht jedoch nicht aus, um den Beweiswert der ärztlichen Krankschreibung zu erschüttern.

Kritik:

Der Entscheidung des LAG wird insoweit von der Fachliteratur zugestimmt, als ein Nachspionieren verneint wird. Anders wird dies bezüglich der Erschütterung des Beweiswertes der Krankschreibung gesehen. Es komme somit auf eine Gesamtbetrachtung der Indizienlage an. Betrachtet man dies im konkreten Fall, dann erkennt man einen „roten Faden“ im Verhalten des Klägers, welcher eher gegen eine Arbeitsunfähigkeit spricht. Nach Versetzung und Einreichung von Überstundenabbau taucht punktgenau eine langwährende Krankheit auf und kombiniert mit der Spontanaktivität, dem „Nachspionieren“ von Kollegen, erscheint die Gesamtbetrachtung des Falles ganz anders, als das Landesarbeitsgericht entschieden hat. Alle vorliegenden Argumente hätten eindeutig zu einer Erschütterung der ABU führen sollen. Allerdings stünde dem Kläger damit noch die Möglichkeit offen, durch ärztliche Zeugen und medizinische Sachverständigengutachten seine Erkrankung konkret zu beweisen.