Zugang einer Kündigung durch Ablage im Büro

LAG Hessen, Urt. v. 30.5.2025 (Az. 10 SLa 1163/24)

Eine schriftliche Kündigung geht dem Arbeitnehmer bereits dann zu, wenn sie vor ihm auf dessen Arbeitstisch gelegt wird, so dass er in das Dokument Einsicht nehmen und hierüber verfügen kann. Ob er die Kündigung dann an sich nimmt, ist für den Zugang der Kündigung unerheblich. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.

Sachverhalt

Streit besteht über den Zugang einer schriftlichen Kündigung. Bei einem Gespräch in den Geschäftsräumen des beklagten Arbeitgebers, bei dem neben der Klägerin der kündigungsberechtigte Vorstand A sowie die Personalsachbearbeiterin B anwesend waren, erklärte der Vorstand A, er wolle das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin beenden. Er verließ kurzzeitig den Raum und kam zurück mit einem Briefumschlag. Diesen legte er mit den Worten „der Form halber“ auf den Tisch. Die Klägerin nahm den Umschlag nicht an sich und bestreitet den Zugang der Kündigung in der erforderlichen Schriftform. Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab.

Entscheidung

Die Berufung blieb erfolglos. Der Zugang einer Willenserklärung ist gemäß § 130 I BGB gegeben. Denn die Kündigung war in den Herrschaftsbereich der Klägerin gelangt. Dies ist der Fall, wenn für sie die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht und der Erklärende die schriftliche Kündigung in Übergabeabsicht in unmittelbare Nähe des Empfängers bringe und dieser so das Schriftstück ohne Weiteres an sich nehmen und lesen könne. Vorliegend wurde nach einem Gespräch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeberseite der Umschlag mit den Worten „der Form halber“ auf den Tisch im von der Klägerin genutzten Büro gelegt. Damit war erkennbar, dass es sich um ein Kündigungsschreiben handelt. Mit dem Ablegen desselben auf dem Tisch ging die Verfügungsmacht über die Kündigung auf die Klägerin über. Hierdurch war der Zugang eingetreten.

Hinweis:

Die Entscheidung ist bei persönlicher Übergabe von großer Relevanz. Es ist – wie das Urteil zeigt – für den Zugang der Kündigung nicht nötig, dass der anwesende Arbeitnehmer den Erhalt der Kündigung bestätigt. Ja, es ist noch nicht einmal erforderlich, dass er die Kündigung, die ihm vorgelegt wird, an sich nimmt. Der Arbeitnehmer kann folglich den Zugang einer schriftlichen Kündigung nicht dadurch vermeiden, dass er deren Erhalt nicht bestätigt oder sie nicht an sich nimmt.